Wer waren die Archonten?

Unser Kampf richtet sich nicht gegen Fleisch und Blut , sondern geht gegen die Mächte der Welt und die Geister der Bosheit.

 
Die Frage „Wer waren die Archonten“ ist zunächst einmal etwas irreführend. Die Archonten sind „Wesen“ oder „Kräfte“, welche in den gnostischen Schriften auftauchen und als Gegenspieler zum Guten gesehen werden können. Nehmen wir an die Theorie stimmt, dann müsste man folglich davon ausgehen, dass es diese Archonten noch immer gibt und sich fragen „Wer sind die Archonten?“. Im Internet finden wir viele teilweise ziemlich beängstigende Angaben zu den Archonten, welche zuletzt nochmal durch die Veröffentlichung „Der verratene Himmel“ von Dieter Broers an Aufmerksamkeit gewannen. Demnach sind die Archonten intrapsychische Wesen, welche unseren Geist manipulieren und uns beherrschen wollen. Verständlich, wenn der ein oder andere an dieser Stelle direkt aussteigt. Wenn wir jedoch von einem globalen Bewusstsein ausgehen, dann können wir uns auch die spirituelle Frage stellen, ob nicht nur wir Menschen an diesem Bewusstseinsfeld mitwirken, sondern möglicherweise auch andere „Wesen“. Zum Verständnis: In einem solchen globalen Bewusstseinsfeld könnte der Geist einer Person womöglich mehr wie ein Radio funktionieren, welches „Gedanken“ empfängt (und auch sendet). Indizien für eine solche Theorie gibt es viele, von subjektiven Erlebnissen wie Gedankenübertragungen (übrigens auch von Uri Geller in Experimenten nachgewiesen, in denen er eine Zahl mittels Gedanken an einen Versuchsteilnehmer sendete und dieser diese korrekt aufzeichnete) bishin zu objektiven Messmethoden des Kollektivs wie dem Global Consciousness Projekt der Princeton Universität.
 
Dass wir als Individuen keine totale Kontrolle über unsere Gedanken haben weiss wohl jeder aus eigener Erfahrung, in der Psychologie wird dieses Mysterium oft mit dem Unterbewusstsein erklärt. Das Unterbewusstsein Modell suggeriert jedoch meist, dass wir in unseren geistigen Vorgängen letztlich doch ein abgeschlossenes System bilden. Von diesem Standpunkt her ist es sicherlich Unsinn von Archonten als eigenständige Wesen zu sprechen, welche unseren Geist manipulieren. Ein Psychologe würde wahrscheinlich behaupten, dass die Archonten Projektionen aus dem Unterbewusstsein sind für verdrängte Triebwünsche, Aggressionen etc.. So sehr ich diesen Standpunkt auch respektiere, er stellt mich nicht gänzlich zufrieden, weil er die intersubjektiven Zusammenhänge (und das Bewusstseinsfeld) ausblendet. Gehen wir davon aus, dass es ein Bewusstseinsfeld gibt, dann ist es auch möglich, dass wir darin von Kräften manipuliert werden, da nicht alle Gedanken und Emotionen allein aus uns entspringen. Daher hat mich dieses Thema beschäftigt und ich bin den Quellen der Gnostikern gefolgt, um die Frage zu klären: Wer sind die Archonten und wie kann ich mir die Interaktion mit ihnen vorstellen?
 

Die Evolution der Gnostiker

 
Man kann die Archonten nicht begreifen, wenn man sich nicht mit der Evolutionsgeschichte der Gnostiker beschäftigt. Die Gnosis hat eine ähnliche Schöpfungsgeschichte wie das Christentum, ist jedoch an gewissen Kernpunkten fundamental verschieden. Leider sind die gnostischen Schriften damals von fanatischen Andersdenkenden verbrannt worden. De Facto ist die Ausrottung des gnostischen Wissens ein beispielloser Vorgang in der Geschichte, in dem fast alle Aufzeichnungen verloren gingen. Im Dezember 1945 wurden in Ägypten die Nag Hammadi Schriften entdeckt, wodurch ein Teil des Wissens wieder auftauchte. Als weitere Quelle meiner Untersuchungen dient mir das Werk „Pistis Sophia“ von Carl Schmidt. Es gibt zu dem Schöpfungsmythos recht umfangreiche Textstellen, die ich in aufklappbaren Modulen integrieren werde, für jene, welche sich ausführlicher damit beschäftigen möchten.
 
Am Anfang aller Dinge lag laut den Gnostikern die göttliche Vernunft, welche durch das Wort das All schuf, dessen Haupt Christus ist. Die Basis des Alls bilden 12 Äonen/Lichter, eine von Ihnen ist Sophia (Weisheit). An dieser Stelle ist alles noch rein geistig und es gibt keine materielle Manifestation. Die 12 Lichter tun alles in Übereinstimmung mit dem großen Geist.
 

 

Das All, die vier Lichter, die 12 Äonen
(LJ 108-110, D 79-82)

Die Vernunft will ein Werk vollbringen und durch das Wort wird das All geschaffen, dessen Haupt Christus ist. Die drei Wille, Gedanke, Leben stellen sich zu ihm. Die Basis des Alls bilden die vier Lichter bzw. Erleuchter

-Armozel, die Gnade mit den drei Äonen Gnade, Wahrheit, Form,
-Oriael, die Wahrnehmung mit den drei Äonen Wahrnehmung, Einsicht/Reflexion (=Epinoia), Erinnerung,
-Daveithai, das Verstehen mit den drei Äonen Verstehen, Liebe, Idee/Bild,
-Eleleth, die Weisheit mit den drei Äonen Weisheit (=Sophia), Vollkommenheit, Friede,

zusammen die 12 Äonen, die zu Christus, dem Sohn gehören.

Über die vier großen Erleuchter werden gesetzt:

-Pigera-Adamas, der vollkommene Mensch (wiederum!), die erste Offenbarung, die Wahrheit,
-sein (Pigera-Adamas´) Sohn Seth,
-die Nachkommenschaft des Seth und die Seelen der Heiligen,
-die Seelen derer, die das Pleroma (= die Fülle) nicht kannten.

Sophia jedoch verliebt sich in ihr Angesicht und möchte sich selbst in Erscheinung treten lassen (übrigens eine schöne Anspielung auf den Mythos des Narziss, welcher sich in sein Spiegelbild verliebt). Sie tut dies jedoch erstmals ohne Übereinstimmung mit dem großen Geist und es entsteht ein unvollkommenes Werk mit einem Löwengesicht. Sie nennt es Jaldabaoth (an anderen Stellen auch Authades genannt), sie stößt ihn erschrocken von sich weg. Somit ist der erste Archon (Herrscher) erschaffen mit der göttlichen Kraft seiner Mutter, aber zugleich getrennt und ohne Zustimmung des großen Geistes. Da dieser nun selbst die Schöpfungskraft besitzt erschafft dieser wiederum sich 12 Archonten, welche sich wiederum sieben Kräfte und diese wiederum sich Engel schaffen.

Die Sophia und Jaldabaoth
(LJ 110-114, D 82-88)Die Sophia will ein Bild aus sich selbst in Erscheinung treten lassen, ohne Zustimmung des Geistes. Da sie aber die Macht hat, entsteht ein unvollkommenes Werk mit einem Löwengesicht. Sie nennt es Jaldabaoth. Er ist der erste Archon (= Herrscher). Die Sophia stößt ihn von sich weg, aber Jaldabaoth hat große Kraft von seiner Mutter.Jaldabaoth schafft sich selbst 12 Archonten (Herrscher). Diese schaffen sich sieben Kräfte und die Kräfte schaffen sich Engel. Jaldabaoth verteilt sein Feuer unter ihnen, ist Herr über sie und nennt sich selbst „Gott“ – einen neidischen Gott, neben dem es keinen anderen Gott gibt.Er benennt die sieben KräfteAthoth – Güte
Eloaio – Vorhersehung
Astraphaio – Göttlichkeit
Jao – Herrschaft
Sabaoth – Königreich
Adonein – Begierde
Sabbateon – WeisheitSeine Ordnungen entsprechen dem Abbild der ersten Äonen, jedoch nicht, weil er die Unvergänglichkeit sehen kann, sondern wegen der Kraft seiner Mutter (Sophia), die in ihm ist.Als die Sophia sieht, welchen Fehler sie begangen hat (sie hatte ohne Zustimmung des Geistes und ohne Zustimmung ihres Paargenossen gehandelt), bereut sie. Sie wird von Finsternis und Unwissenheit überwältigt und schämt sich und weint. Das Pleroma (= die Fülle) hört ihre Buße und bittet den Geist. So wird ihr Paargenosse zu ihr geschickt, damit sie ihren Fehler berichtige.Aus https://de.wikipedia.org/wiki/Apokryphon_des_Johannes

Eine der Abblidungen des Jaldaboath ist diese – ein Löwenkopf mit Schlangenkörper. In der „Pistis Sophia“ wird von einem Drachen gesprochen.
 
 
Lion-faced_deityA lion-faced deity found on a Gnostic gem in Bernard de Montfaucon’s L’antiquité expliquée et représentée en figures. by Bernard de Montfaucon en 1722 at Wikipedia
 
 
Anschließend dringt aus den göttlichen Äonen ein Impuls in die Sphäre Jaldabaoths vor „Lasst uns einen Menschen schaffen und ihn Adam nennen“.
Man sieht an dieser Stelle, warum die Gnostiker so wehement verfolgt wurden – der „Schöpfer“ der materiellen Welt ist in diesen Schriften Jaldabaoth, allerdings ist die Idee des Menschen von Gott gesendet. Es folgt ein weiterer Schöpfungsmythos – die Archonten (die Diener des obersten Archon Jaldabaoth) entfalten ihre Kräfte (welche Dämonen genannt werden) zum einen über die Materie durch Hitze, Kälte, Nässe und Trockenheit als auch durch die Psyche in Form von Lust, Begierde, Trauer und Furcht.
 

 

Aus der Höhe der erhabenen Äonen dringt ein Impuls – Stimme und Bild des Menschen – in die Sphäre Jaldabaoths. Dies veranlasst Jaldabaoth: „Lasst uns einen Menschen schaffen…“, „lasst ihn uns Adam nennen“.

Nun folgt einen lange Aufzählung schaffender Kräfte bzw. Engel und ihrer Werke:

Sieben Kräfte (siehe oben) schaffen sieben Seelen.
Dutzende namentlich benannte Engel schaffen einzelne Organe, wobei auffällt, dass auch innere Organe detailliert aufgezählt werden, sowie dass die Schöpfung androgyn ist, also beide Geschlechtsmerkmale enthält.
Sieben Herrscher sind über die vorhergehenden gesetzt.
30 Engel werden als Wirksamkeit in den Organen und Gliedern benannt.
Wiederum sieben herrschen über diese.
Fünf benannte Kräfte haben die Aufsicht über Bewusstseinsfunktionen: Sinneswahrnehmung, Aufnahme, Vorstellungskraft, Harmonie, Bewegung.
Die Quelle der Dämonen (= Kräfte), die im Körper sind, ist Hitze, Kälte, Nässe, Trockenheit, es werden vier Kräfte oder Prinzipien benannt, die Herr über diese vier sind.
Die Mutter von allen ist die Materie, unbegrenzt und wahrhaft.
Es werden vier führende Dämonen benannt, die psychischer Natur sind: Lust, Begierde, Trauer, Furcht, sowie mehrere jeweils abgeleitete Leidenschaften.
Die Zahl der Engel ist 365.
Die Aufzählung endet mit einem Hinweis auf das Buch des Zoroaster, in welchem auch die Kräfte bzw. Engel benannt sein sollen, die hier nicht aufgezählt wurden.

Die Archonten sind demnach eifersüchtige „Wesen“, welche den Menschen in der Region der Materie halten, weil der Mensch die Kräfte eben jener übersteigt. Der Mensch hat den Funken Gottes in sich und die Archonten sind aus dem göttlichen Reich herausgefallen als Unfall der Schöpfung durch Sophia. Selbst in der Weisheit übersteigt der Mensch die Archonten, da Jaldabaoth diese versehentlich auf den Menschen übertrug:

Adam ist für lange Zeit bewegungslos. Auf die Bitte der Sophia an den Mutter-Vater des Alls, ihre Kraft aus dem Ersten Archon (Jaldabaoth) zurückzuerhalten, wird diesem der Rat gegeben, etwas von seinem Geist in Adams Gesicht zu hauchen. Er weiß nicht, dass es die Kraft seiner Mutter ist, und befolgt den Rat. Daraufhin bewegt sich Adam, erhält Kraft und leuchtet.

In diesem Moment werden die Archonten und Engel der Schöpfungshierarchie Jaldabaoths eifersüchtig, weil sie erkennen, dass das Denken Adams ihr eigenes übersteigt. Daher werfen sie ihn hinab in die Region an der Unterseite der Materie.

Daraufhin entsendet Gott eine „Licht-Einsicht“, welche ihn über seine Vergangenheit belehrt und den Weg zurück zu seiner Göttlichkeit weist.

Der Mutter-Vater des Alls sendet Adam eine Licht-Epinoia zur Hilfe, die Leben genannt wird. Sie belehrt ihn über sein Herabkommen und den Weg zurück, um den Fehler der Mutter (Sophia) zu bereinigen.

Die Archonten sind davon natürlich alles andere als begeistert und überlegen sich, wie sie die Herrschaft über „ihre“ Schöpfung zurückgewinnen können. Ihre Hauptmotive sind aufgrund der Erhabenheit des Menschen und ihrer eigenen Ausgeschlossenheit vom Göttlichen scheinbar Herrschaft und Unterdrückung der Weisheit. Um die Einsicht des Menschen in seine Göttlichkeit zu verhindern machen die Archonten Adam sterblich und lassen ihn somit vergessen.

Sie nehmen die vier Elemente, mischen sie zusammen und bringen Adam in den Schatten des Todes. Dies ist die Fessel des Vergessens.

Sie setzen ihn ins Paradies und befehlen ihm zu essen. Offenbar hat er vorher kein Essen nötig gehabt (ähnlich dem Samadhi Zustand). Der göttliche Funke jedoch, die „Epinoia des Lichts“ bleibt erhalten und weckt Adam auf.

Aber die Epinoia des Lichts in ihm weckt sein Denken auf.

Und die Archonten gaben ihm Anweisung, und sie sagten: ,,Von [allen] Bäumen, die im Paradies sind, sollst du essen. [Von] dem Baum der Erkenntnis des Guten (30) und des Bösen aber iß nicht, und [rühre] ihn auch nicht an, denn an dem Tage, wo ihr [von] ihm essen werdet, werdet ihr des Todes sterben!„ Sie […] dies, wissen nicht, was [sie] ihm [gesagt haben]. Aber nach dem Willen des Vaters ( 89.1) haben sie es in dieser Weise gesagt, damit er essen möge und damit Adam sie *nicht* sehe wie einer, der gänzlich stofflich ist. (Quelle)

Es sind scheinbar einige Stellen des originalen Textes unlesbar, deshalb sind manche Sätze merkwürdig gehalten. Laut Gnostikern hat Gott also den Menschen dahin geführt vom Baum der Erkenntnis zu essen, um die Archonten in ihrer wahren Gestalt außerhalb des materiellen zu sehen. Wir haben also eine Vertauschung des biblischen Schlangenmotivs hin zu einer göttlichen Eingebung. Auch der Baum des Lebens in dem gnostischen Paradies ist ganz anders, als in den üblichen Überliefungen berichtet, seine Attribute sind:

Betrug, Gottlosigkeit, Gift, Tod, Bitterkeit, Hass, Schlechtigkeit, Finsternis.

Die Gnostiker sind also sehr asketisch in ihrer Weltsicht und betrachten die Verlockungen der Welt eher als Fesseln des niederen Geistes. Ganz ohne Reiz ist eine solche Lehre nicht, man könnte meinen dies entspricht mehr und mehr dem Zustand unserer derzeitigen konsumorientierten Welt, welche sich in einem omnipräsenten Egoismus offenbart. Nach gnostischem Verständnis einer von Archonten verführten Welt.

Der Baum der Erkenntnis ist in der gnostischen Überlieferung eben jene „Epinoia des Lichts“. Die Archonten können Adam trotz aller Bemühung scheinbar nicht von der Erkenntnis abhalten und setzen die Schlange ein, um die Erkenntnisfähigkeit zu niederen Zwecken einzusetzen:

Mittels der Schlange versucht Jaldabaoth, Adam zu eigenmächtig-schöpferischem / sexuellem (je nach Übersetzung) Missbrauch dieses Vermögens zu verleiten.

Weiter wird berichtet:

Jaldabaoth will seine Kraft und insbesondere die Epinoia des Lichts aus Adams Rippe heraus holen. Aber die Epinoia des Lichts kann nicht ergriffen werden und Jaldabaoth bringt nur einen Teil seiner (eigenen) Kraft heraus. Nach dem Bild der Epinoia gestaltet er eine Frau und bringt den Teil der Kraft aus Adam in das Gebilde hinein. Als Adam die Frau neben sich sieht, tritt die Licht-Epinoia in Erscheinung, so dass Adam (wieder) erkennt.

Die Sophia ist herab gekommen, um ihren Fehler zu berichtigen, daher wird sie Leben genannt bzw. Mutter der Lebenden (= Zoe, Eva). Christus erscheint als Adler auf dem Baum der Erkenntnis, um beide aus der Tiefe des Schlafs zu erwecken und ihr Denken aufzurichten.

Somit wird ein heiliger Bund zwischen Mann und Frau beschrieben, der zu tieferer Erkenntnis führen kann. Das Bemühen Jaldaboaths dem Menschen seinen göttlichen Funken auszutreiben und die Überlegenheit des Menschen ein für allemal zu beenden (um seine Alleinherrschaft sicherzustellen) ist gescheitert.

Als Jaldabaoth bemerkt, dass sie sich von ihm entfernen, stellt er sich vor seinen Engeln in seiner Unwissenheit bloß und wirft Adam und die Frau aus dem Paradies und kleidet sie in dunkle Finsternis.

Weiter wird im Apokryphon des Johannes (Nag Hammdi) gesagt:

Der Erste Archon (Jaldabaoth) sieht, dass die Licht-Epinoia Leben in der Frau in Erscheinung treten lässt und will sie beflecken. Die Pronoia des Alls veranlasst, dass zuvor Leben aus Eva genommen wird. Aus der Befleckung gehen zwei Söhne hervor: Eloim und Jave. Jaldabaoth nennt sie mit einer bestimmten Absicht Kain und Abel (dies sind die Namen des sechsten und siebten der zwölf Archonten, die Jadabaoth zu Anfang erschafft).

Bezüglich des Beischlafs und der sexuellen Begierde gibt es einen bedeutsamen Unterschied bei den deutschsprachigen Übersetzungen:

  • „Bis zum heutigen Tag dauert der sexuelle Beischlaf durch den Ersten Archon an. Und er pflanzte sexuelle Begierde in die, die zu Adam gehört.“ (Lüdemann & Janßen)[3].
  • „Bis zum heutigen Tage blieb die Einrichtung des Beischlafs, die der Erste Herrscher begründet hatte, erhalten. Er hatte Zeugungsbegierde [in Adam] gelegt.“ (Dietzfelbinger)[4].

Durch den Beischlaf werden die Bilder der Körper erweckt.

Auch hier wird der asketische Aspekt der Gnosis deutlich. Die Triebe werden der bösen Verführung zugeschrieben, was in der heutigen emanzipierten Zeit wohl schnell auf Unverständnis stößt. Allerdings kann man nicht leugnen, dass die Sexualität eine dunkle Seite hat, scheinbar ein Eigenleben führt abseits der alltäglichen Vorstellungen.

Die „Bilder der Körper“ könnte auch eine Anspielung auf ein holographisches Universum sein, in welchem uns die Identität mit einem Körper als Illusion entpuppt, da wir in erster Linie geistige göttliche Wesen sind. Durch den Akt der Zeugung, welche laut Blavatski in den vorigen Rassen nicht durch Begehren und Lust begleitet war, verführt der erste Archon den Menschen zu einem körperlichen Dasein, um seine geistigen Fähigkeiten zu vergessen.

Passend dazu wird berichtet:

Der Erste Archon (Jaldabaoth) lässt sie Wasser des Vergessens trinken, so dass sie nicht wissen, woher sie gekommen sind. Wenn aber der Geist aus den heiligen Äonen herab kommt, erheben sie sich.

Was könnte das Wasser des Vergessens sein?

Was ist das Vergessen?„ Und er sagte: ,,Es ist nicht, wie Moses schrieb und du gehört hast. Denn er sagte in seinem ersten Buch: ,Er brachte ihn in den Schlaf.` Vielmehr (25) (war es nur) in seinen Wahrnehmungen, (daß er schlief). Denn er sagte durch den Propheten: ,Ich werde ihre Herzen schwer machen, damit sie nicht aufmerksam sind und nicht sehen.` Darauf versteckte sich die Epinoia des Lichtes in ihm

Das Wasser scheinen die Tränen der Trauer zu sein, welche durch das Schicksal (später Heimarmene genannt) genährt werden.

Weiter wird über die Wege der Seelen berichtet, wobei hier eine ziemlich nüchterne Darstellung der Himmel- und Höllenszenarien überliefert wird:

Dialog zwischen Jesus und Johannes über die Wege der Seelen:

-Diejenigen, deren Lebensschwerpunkt dem Geist des Lebens entspricht, werden das Gute vollenden und das ewige Leben erben.

– Diejenigen, in denen der Geist des Lebens wirkt, die aber nicht die Werke tun, werden gerettet werden zur Ruhe der Äonen, auch wenn sie zuvor durch den verachteten Geist auf Irrwege geführt wurden. Bezüglich der Irrwege wird über Bedingungen und Verhältnisse der Reinkarnationsfolge gesprochen.

-Diejenigen, die erkannt und sich dennoch abgewandt haben, gehen zu einem Ort, zu dem die Engel der Armut gehen, zu einem Ort ohne Umkehr. Die den heiligen Geist gelästert haben, werden dort mit ewiger Strafe bestraft.

Über die Mittel der Archonten wird berichtet:

Der Erste Archon (Jaldabaoth) will das Denken der Menschen beherrschen, weiß jedoch nicht, dass dies nicht möglich ist. Er und seine Mächte brechen die Ehe mit Sophia und ein bitteres Schicksal (Heimarmene) wird durch sie gezeugt. Aus jenem Schicksal entstehen alle Sünden, das Unrecht, die Gotteslästerung, die Fessel des Vergessens, die Unwissenheit, jede schwierige Anordnung / jede falsche Ordnung (je nach Übersetzung), die große Furcht. Das Schicksal fesselt mit Maßen, Zeiten und Zeitpunkten.

Die Interaktion mit den Archonten spielt sich also im Denken ab, ist also nur indirekt eine Herrschaft innerhalb der Materie. Das Schicksal, fesselt mit

Maßen – gemeint ist hier denke ich der Vergleich. Wann immer ein Maßstab oder ein Ideal postuliert wird, beispielsweise ein Schönheitsideal, so werden die Menschen dadurch gefangen und ihr Denken wird davon eingenommen und vom göttlichen ihrer Selbst abgelenkt hin zur Anpassung.

Zeiten – ich denke hiermit ist gemeint, dass wir durch den Lebenszyklus nur eine bestimmte Zeitspanne haben, um die göttliche Erkenntnis wiederzuerlangen.

Zeitpunkten – hiermit könnte gemeint sein, dass wir alle in Ungleichheit geboren wurden und die Winde des Zeitgeistes über uns wehen. Mussten beispielsweise vorige Generationen Kriege miterleben oder aktuell die Flüchtlingskrise, so lenkt dies immer wieder den Fokus von unserer Bestimmung ab.

Jaldabaoth bereut alles und will es mit einer Flut vernichten. Dies wird Noah aus der Höhe mitgeteilt, der sich mit vielen anderen Menschen des nichtwankenden Geschlechts in einer Lichtwolke verbirgt.

Gemeint ist hier vermutlich die Sintflut.

Fassen wir kurz zusammen:

Die Archonten sind neidisch auf die Menschen, weil die Menschen den göttlichen Funken innehaben und gottgewollt sind, im Gegensatz zu ihrer Schöpfung. Sie versuchen uns daher in die materielle Welt zu binden. Das geschieht in erster Linie auf geistiger Ebene, aber auch durch materielle Manipulation, beispielsweise durch die Sterblichkeit. Einige Stellen im Internet sagen jedoch auch, dass Archonten sich in dieser materiellen Welt manifestieren in Form von Ausserirdischen oder Reptiloiden. Findet man dazu ebenfalls Überlieferungen?

Sind Archonten Reptiloide (David Icke) ?

Jaldabaoth sendet seine Engel zu den Töchtern der Menschen, um Nachkommen zu ihrem Vergnügen zu zeugen. Sie haben keinen Erfolg und schaffen daher einen verachteten Geist, der den Geist, der herab gestiegen war, imitiert. Die Engel ändern ihr Aussehen entsprechend der Paargenossen der Menschen, um sie mit dem Geist der Finsternis zu füllen. Sie bringen Gold, Silber, Geschenke, Metalle und Gestalten und führen die Menschen, die ihnen folgen, in die Irre. (aus Schicksal, Noah, Unzucht, verachteter Geist)

Diese Überlieferungen des verachteten Geistes ähneln den Erzählungen über Reptiloide von denen David Icke spricht. Sie können ihr Aussehen ändern und verbreiten den Geist der Finsternis. Sie locken mit Reichtum, sind also vermutlich eher in den oberen Hierarchien zu finden.

Die Menschen werden alt, ohne Muße zu haben, sterben, ohne die Wahrheit gefunden zu haben, ohne Gott erkannt zu haben und so wird die ganze Schöpfung versklavt. Die Engel nehmen Frauen und zeugen durch die Finsternis Kinder nach dem Bild ihres Geistes.

Das entspricht einem düsteren Szenario. Schauen wir uns um, so können wir tatsächlich feststellen, dass die Muße (schon allein durch den Arbeitstag, aber auch durch die Reizüberflutung) in der modernen Zeit deutlich nachgelassen hat.

Anschließend wird der Erste Gedanke (Pronoia des Alls) erwähnt um dem Menschen zu Hilfe zu kommen:

Die Pronoia des Alls geht in die Größe der Finsternis bis in die Mitte des Gefängnisses.

Wiederum geht die Pronoia des Alls in die Mitte der Finsternis und in die Innenseite der Unterwelt.

Zum dritten Mal geht die Pronoia des Alls in die Mitte der Finsternis und die Innenseite der Unterwelt, in die Mitte des Gefängnisses, welches das Gefängnis des Körpers ist, und spricht zum Menschen. Dieser ist sehr ergriffen, hört, aber sieht noch nicht. Der Pronoia-Impuls deklariert sich und appelliert an den Menschen: „Stehe auf und erinnere dich (…) hüte dich vor den Engeln der Armut (…) hüte dich vor dem tiefen Schlaf und der Einengung der Innenseite der Unterwelt!“ und versiegelt ihn abschließend mit fünf Siegeln, um ihn aus der Macht des Todes zu befreien.

Damit könnte gemeint sein, dass in Zeiten der Identifikation, welche eine Gefangenschaft des Geistes ist, eine starke Intuition im Sinne einer Ich-Botschaft aufkeimt. Diese lässt uns die Engel der Armut (Archonten) erkennen und damit unsere Gefangenschaft im Ego. Wir sollen uns von der Einengung der Innenseite der Unterwelt hüten, das könnte bedeuten, dass wir uns von den angstmachenden Bildern der Archonten lösen sollen, die Trennung überwinden sollen. Gelingt dies, soll man diese Unterwelt versiegeln mit fünf Siegeln, d.h. ein für alle Mal hinter uns lassen.

Betont wird in den Schriften, dass diese Lehre nur an „das Nichtwankende Geschlecht“ weitergegeben werden soll. Damit ist ganz offensichtlich der gute Mensch gemeint, welcher lautere Absichten hat. Wobei fraglich ist, inwieweit eine Lehre sich an auserwählte richten kann ohne zugleich Feindschaft zu säen.

David Icke sagt, dass alte Überlieferungen aus allen Kulturen der Welt die Kräfte des Bösen beschreiben:

Die Archonten in der Gnostik

Die Dschinn im Islam

Die Flieger in Mexiko

Die Dämonen im Christentum

Ob die Archonten den Reptiloiden entsprechen, muss letztlich jeder für sich entscheiden. Ich persönlich halte die Reptiloiden Theorie von David Icke für abwegig, denn es gibt keinerlei Beweise für diese Behauptungen. Wenn es tatsächlich Archonten geben sollte, und es möglich sein würde, dass die Archonten sich materiell manifestieren, dann würde es in der heutigen Zeit sicherlich Photos davon geben. Es gibt außerdem keine Angabe, dass die Archonten wie Reptiloide aussehen, sie werden als Wesen mit Tierköpfen beschrieben. Deshalb lese ich den Text als Metapher für negative psychische Kräfte und kann keinen fundierten Bezug zu der Repto-Theorie erkennen.

Sind die Archonten die Ausserirdischen?

Immer wieder höre ich Erzählungen über die Archonten, welche große Parallelen zu dem gemeinhin überlieferten Bild von Ausserirdischen entsprechen. So sagt zum Beispiel Jay Weidner in einem Interview:

Gnostiker predigten, dass es eine Invasion, um ca. 3600 v. Chr. Gegeben hatte, etwa 1.600 Jahre bevor die Nag Hammadi Texte vergraben wurden, sie beschrieben, dass diese Invasion wie ein Virus war, und in der Tat, sie wurden dafür massivst unterdrückt, bei der Beschreibung der wahren Zustände. Die Wesen, die sie unterdrückten hießen Archonten.

Diese Archonten hatten die Fähigkeit, die Realität zu duplizieren, um uns zu täuschen. Sie waren neidisch auf uns (die Menschen), weil wir ein Wesen von einer Art sind, die eine Seele, die sie nicht besitzen, haben und die Nag Hammadi Texte beschreiben das und das Aussehen der Archonten. Manche sehen aus wie ein Reptil und andere sehen wie ein nicht ganz entwickeltes Baby oder Fötus aus. Es scheint teilweise zu leben und teilweise nicht zu leben, es hat graue Haut und dunkle, unbewegte Augen

Jeder der sich die Nag Hammadi Texte selbstständig durchliest wird feststellen, dass solche Stellen nicht zu finden sind. Die Archonten werden in der gnostischen Überlieferung nicht als Invasoren um ca 3600. v. Chr. benannt, sondern als „Unfall“ der Evolution durch Sophia. Ebenfalls wird ihr aussehen ganz anders beschrieben, nämlich als Wesen mit Tierköpfen. Am ehesten würde ich vermuten, dass die Archonten der Gnostiker die Gottheiten des alten Ägypten beschreiben (Anubis, Horus etc.). Woher Jay Weidner diese Informationen hat, ist mir völlig unklar. Da er sich allerdings auf die Nag Hammadi Texte bezieht muss ich leider feststellen, dass es Hirngespinste von ihm sind, da solche Beschreibungen nicht in den Nag Hammadi Texten zu finden sind. Hier war wohl der Wunsch eine frühhistorische Überlieferung über Aliens zu finden derart groß, dass er etwas in den Text hineinlegte, was aus diesem nicht hervorgeht.

Weiter finde ich angebliche „Darstellungen“ der Archonten, welche enorm stark an Aliens erinnern. Ich frage mich auch hier, woher dieser Bilder stammen, denn aus den Nag Hammadi Texten gehen sie nicht hervor. Eine Quellenangabe ist leider nicht gemacht worden.

Angebliche Darstellung eines Archonten, Quelle nicht auffindbar - Diese Darstellung stammt nicht von den ursprünglichen gnostischen Überlieferungen

Matrixwissen schreibt beispielsweise:

Matrixwissen: In einem der Nag Hammadi Texte (Apokryphon des Johannes) werden Entführungen von Menschen durch kleine Wesen beschrieben.

Auch hier scheint der Wunsch Vater des Gedankens zu sein, denn eine solche Stelle konnte ich auch nach mehrmaligem Lesen nicht entdecken. Das kann jeder gerne hier nachprüfen.

Gesagt wird über das Aussehen des ersten Archons:

Nag Hammadi: Und als sie ihren Willen (verwirklicht) sah, veränderte er sich in den Typos eines löwengesichtigen Drachens. Und seine Augen (10) waren wie Feuer von Sonnenleuchten, die leuchteten.

Was offensichtlich eine völlig andere Darlegung ist, als von Jay Weidner behauptet. Die Archonten schufen sich wieder weitere „Engel“, welche laut Nag Hammadi wie folgt aussahen:

Nag Hammadi:

Dies aber sind die zu den Namen gehörigen Körper:

Der erste ist Athoth, er ist ein Schafsgesicht.
Der zweite ist Eloaiou, er ist ein Eselsgesicht.
Der dritte ist Astaphaios, er ist ein [Hyänengesicht].
Der (30) vierte ist Jao, er ist ein [Drachen]gesicht mit sieben Köpfen.
Der fünfte ist Sabaoth, er ist ein Drachengesicht.
Der sechste ist Adonin, er ist ein Affengesicht.
Der siebte ist Sabbede, er ist ein Feuergesicht, das leuchtet.
Das ist die (35) Siebenheit der Woche.

Aber Jaldabaoth hat eine Menge ( 12.1) Gesichter, mehr als alle von ihnen, so daß er in einem Gesicht ihnen allen gleicht, entsprechend seinem Wunsch, wobei er in der Mitte der Seraphen ist. Er verteilte (5) sein Feuer unter ihnen; deswegen wurde er Herr über sie. Wegen der Kraft der Herrlichkeit besaß er das Licht seiner Mutter; deswegen nannte er sich selbst ,Gott`. Er war aber nicht (10) gehorsam gegenüber dem Ort, von dem er gekommen ist. Und er vermischte sich mit den Gewalten, die bei ihm waren, den sieben Kräften, in seinem Denken. Dadurch, daß er sprach, geschah es. Und er benannte jede Kraft. Er begann (15) mit der höchsten.

Die erste ist die Güte, bei der ersten (Kraft), Athoth.
Die zweite ist Vorhersehung bei der zweiten, Elolaio.
die dritte aber ist die Göttlichkeit bei der dritten, Astraphaio.
Die vierte ist (20) die Herrschaft bei der vierten, Jao.
Die fünfte ist das Königreich bei der fünften, Sabaoth.
Die sechste ist die Begierde bei der sechsten, Adonein.
Die siebte ist die Weisheit bei der siebten, (25) Sabbateon.

Weiter schreibt Matrixwissen verblüffenderweise:

Matrixwissen: Die Archonten werden als geistige Eindringlinge beschrieben. Sie sind nicht in der Lage längere Zeit in unserer materiellen Welt zu überleben, ähnlich wie Menschen nur kurze Zeit unter Wasser überleben können ohne Luft zu holen.

Auch das ist nicht zu finden. Die einzige Stelle in den Nag Hammadi Texten, die in die Richtung geht ist folgende:

Nag Hammadi: Als sie keinen Erfolg hatten, versammelten sie sich wiederum und faßten zusammen einen Plan. Sie schufen einen verachteten Geist, der dem Geist, der herabgestiegen war, gleicht, (25) um so die Seelen durch ihn zu verunreinigen. Und die Engel änderten sich in ihrem Aussehen entsprechend dem Aussehen ihrer Paargenossen, wobei sie sie mit dem Geist der Finsternis füllten, den sie für sie gemischt hatten, und mit Schlechtigkeit. (30) Und sie brachten Gold und Silber und Geschenk(e) und Kupfer und Eisen und Metall und alle Arten der Gestalten. Und sie zogen die Menschen, die ihnen gefolgt waren, ( 30.1) in große Schwierigkeiten, wobei sie sie in die Irre führten durch viele Irrtümer.

Es wird nicht erwähnt, dass die Archonten nur „kurze Zeit“ in unserer Realität bleiben können oder ähnliches.

Das Wirken der Archonten wird durch eine geistige Manipulation beschrieben, welche letztlich jedoch dem göttlichen Funken im Menschen unterliegt:

Nag Hammadi: Als der Erste Archon merkte, daß sie erhabener sind als er in der Höhe — und sie übertreffen ihn im Denken –, da wollte er ihren Gedanken beherrschen, wobei er nicht wußte, daß sie ihn übertreffen (10) im Denken und daß er nicht in der Lage sein werde, sie zu beherrschen.

Matrixwissen sagt:

Matrixwissen: Die Texte über die Archonten beschreiben, dass sie „durch“ Menschen leben wollen, da sie nicht in unserer Realität leben können.

Was ebenfalls Unsinn ist. Die Archonten sind neidisch auf den Menschen, weil er ihre Weisheit übersteigt. Sie versuchen ihn zu versklaven durch Neid und Verachtung. Der Menschliche Geist ist jedoch in der Lage diese Kräfte zu überwinden und somit Herr über die negativen psychischen Kräfte zu werden.

Es gibt also keinerlei Belege, dass die Archonten mit den Ausserirdischen zu tun hätten. Sie sind in den gnostischen Texten Teil des Schöpfungsmythos und als psychische Kräfte zu sehen. Einen Zusammenhang zwischen Ausseridrischen und Archonten kann ich nicht erkennen.

Die Archonten in der Pistis Sophia (Codex Askewianus)

Neben den Nag Hammadi Texten kann man sich auch in der Pistis Sophia über die gnostischen Ansichten belesen. Hier geht es im wesentlichen um Dialoge der Jünger mit Jesus. Für uns an dieser Stelle sind in erster Linie die Beschreibungen der Archonten interessant, wobei Jadlaboath in diesem Text Authades genannt wird. Auf Seite XXXI wird gesagt:

Das leitet über zu der Frage nach der Beschaffenheit der äußeren Finsternis. Die äußere Finsternis ist ein großer Drache und enthält 12 Strafkammern mit je einem Archon mit Tiergesicht als Oberhaupt (c.126). Diese Straförter sind für die Todsünder bestimmt, als welche gelten die Lästerer, die Irrlehrer mit ihren Anhängern, die Päderasten, Atheisten, Mörder, Ehebrecher, Giftmischer. Ihnen allen droht das Feuer der Amente (Anm.d.Red.: Amente ist höchstwahrscheinlich identisch mit der Unterwelt bzw. Hölle, aus „Hauptprobleme der Gnosis“ von Wilhelm Bousset), des Chaos, des Weges der Mitte, des Drachens.

Erstaunlich ist hier insbesondere dass in der Assoziationskette der „Weg der Mitte“ beschrieben wird als etwas scheinbar sündhaftes. Wobei nach meiner Erfahrung der Weg der Mitte, ähnlich wie in der östlichen Tradition auch gelehrt wird, eher zu Güte und Ausgeglichenheit führt. Dazu habe ich eine Interessante Stelle bei Blavatskies Geheimlehre gefunden –

Diese Periode, mit Buddha und Pythagoras als dem einen und mit den
Neuplatonikern und Gnostikern als dem andern Endpunkte, ist der einzige in der
Geschichte übrig gelassene Brennpunkt, in dem zum letzten Male die glänzenden
Strahlen des vergangenen Äonen entströmenden Lichtes sich sammeln,
unverdunkelt von der Hand von Bigotterie und Fanatismus.
(Blavatsky Geheimlehre I S.56)
Auch hier wird also der Weg der Mitte (Buddha und Pythagoras) dem Weg der Gnosis gegenübergestellt. Lassen wir das an dieser Stelle einmal so stehen und schauen weiter in der Pistis Sophia, dort heisst es weiter:

Nocheinmal taucht die brennende Frage auf, wer denn die Menschen zum Sündigen zwingt (s. vorher c.111). Als solche werden hier die Archonten der Heimarmene (Anm.d.Red.: Heimarmene ist das „bittere Schicksal“) bezeichnet, die die Eltern der Menschen sind, da die Seelen der Menschen aus ihrem Schweiße, aus den Tränen ihrer Augen oder aus dem Hauche ihres Mundes hervorgehen.  Dabei wird noch einmal die Erschaffung des Menschen ausführlich beschrieben (c.131-132). Und wie das Gebilde der Menschen durch die Heimarmene erfolgt, so auch alles Gute und Böse, sei es Leben oder Tod. Aus diesem entsetzlichen Verhängnis hat Jesus die Menschheit durch Bringen der Schlüssel des Himmelreiches, d.h. der Mysterien befreit, die nicht nur für die Sündern, sondern auch für die Gerechten notwendig sind.

Später wird noch einmal die Archontenwelt beschrieben:

Sabaoth Adamas ist der Beherrscher der sechs Äonen, während sein Bruder Jabraoth die anderen sechs beherrscht. Sabaoth Adamas trieb mit seinen Archonten stetig das Mysterium des Geschlechtsverkehrs und zeugte Archonten, Erzengel, Engel, Liturgen und Dekane. Daraufhin hat Jeû sie in die Heimarmene-Sphära gebunden und zwar 360 Archonten und über sie fünf andere Archonten gesetzt, d.h. die fünf Planeten Kronos, Ares, Hermes, Aphrodite und Zeus (c.136). (Anm.d.Red.: Interessante Gleichsetzung von Archonten und Planeten). Jabraoth mit seinen Archonten, die an die Mysterien des Lichtes geglaubt hatten, wurden in eine gereinigte Luft zwischen den Örtern des unsichtbaren Gottes versetzt. Andere 360 Archonten des Adamas werden in die luftigen Örter unterhalb der Heimarmene-Sphära gebunden und über sie ebenfalls fünf große Archonten als Herrscher gesetzt. Letztere tragen die Namen Paraplex, Ariûth, Hekate, Parhedron, Typhon und Jachthanabas. Das sind die Beherrscher des Weges der Mitte, die durch ihre bösen Dämonen die Menschen zu den verschiedenen groben Sünden verleiten, um sie später mit ihren furchtbaren Peinigungen zu bestrafen.


Die Archonten bei Blavatski (Geheimlehre)

In Blavatskis Geheimlehre wird die „Schaffung“ Satans, d.h. des gefallenen Engels, damit beschrieben, dass dieser den Menschen nicht blind nach den Vorgaben Gottes schaffen wollte, d.h. nicht mehr nur ein ausführendes Organ sein wollte, sondern selbst Schöpfer und Bestimmer über den Menschen sein wollte.

Wenn die Bedeutung dieser Allegorie aufgeklärt sein wird, wo wird sich zeigen, dass Satan und seine trotzige Schar sich bloß deshalb geweigert haben, den körperlichen Menschen zu schaffen, um die unmittelbaren Erlöser und Erschaffer des göttlichen Menschen zu werden. Die symbolische Lehre ist nicht allein mystisch und religiös – sie ist rein wissenschaftlich, wie später zu sehen sein wird. Denn anstatt ein rein blind funktionierendes, von dem unergründlichen Gesetze getriebenes und geleitetes Medium zu bleiben, beanspruchte und erzwang der „rebellische“ Engel sein Recht auf selbständiges Urteil und Willen, sein Recht auf freies Handeln und auf Verantwortlichkeit, sintemal Mensch und Engel gleichermaßen dem karmischen Gesetze unterstehen. Gelegentlich der Erklärung der kabbalistischen Anschauungen sagt der Verfasser New Aspects of Life von den gefallenen Engeln: Nach der symbolischen Lehre wurde der Geist aus einem einfachen Ausführungsorgane Gottes in einem entwickelten und entwickelnden Wirken zu einem wollenden Wesen, und er fiel, indem er seinen eigenen Willen an Stelle des göttlichen Wunsches beachtete. Daher sind das Reich und Gebiet der Geister und des geistigen Handelns, welche aus dem Geisteswillen strömen und dessen Erzeugnis sind, außerhalb und im Gegensatze und Widerspruche mit dem Reiche der Seelen und des göttlichen Handelns.

Außerdem äußert sich Blavatski, dass die Gnostiker mit dem Gott Ilda Baoth (ins unserem Text Jaldabaoth genannt) auf Jehova beziehen und diesen möglicherweise zu einseitig als nur böse betrachten.

S.319

In Band II desselben Werkes [66] werden die philosophischen Systeme der Gnostiker und der ursprünglichen Judenchristen, der Nazarener und Ebioniten, vollständig betrachtet. Sie zeigen die Ansichten, die man in jenen Tagen außerhalb des Kreises der mosaischen Juden über Jehovah hatte. Er wurde von allen Gnostikern viel mehr mit dem bösen, als mit dem guten Prinzipe identifiziert. Für sie war er Ilda-Baoth, der „Sohn der Finsternis“, dessen Mutter, Sophia Achamôth, die Tochter der Sophia, der göttlichen Weisheit – des weiblichen heiligen Geistes der frühen Christen – der Âkâsha, war; Sophia Achamôth personifizierte das niedere Astrallicht oder den Ether. Das Astrallicht steht im selben Verhältnisse zu Âkâsha und Anima Mundi, wie Satan zur Gottheit steht. Sie sind ein und dasselbe Ding, gesehen unter zwei Aspekten, dem geistigen und dem psychischen – dem superetherischen oder Bindeglied zwischen Materie und reinem Geist – und dem physischen. [67] Ilda Baoth – ein zusammengesetzter Name, gebildet aus Ilda ([korrekter Abdruck siehe Buch]), Kind, und Baoth; das letztere von [korrekter Abdruck siehe Buch], ein Ei, und [korrekter Abdruck siehe Buch], Chaos, Leerheit, Leere oder Einsamkeit; oder das Kind geboren in dem Eie des Chaos, wie Brahmâ – oder Jehovah, ist einfach einer der Elohim, der sieben schöpferischen Geister, und einer der niederen Sephiroth. Ilda Baoth erzeugt aus sich selbst sieben andere Götter, „Sternengeister“, oder die  Mondvorfahren, [68] denn sie sind alle dasselbe. [69] Sie sind alle nach seinem eigenen Bilde, die „Geister des Angesichtes“, und einer der Reflex des anderen, und werden um so dunkler und materieller, je mehr sie der Reihe nach sich von ihrem Ursprunge entfernen.


Weiter sagt Blavatski auf S.320

So wächst „Satan“, sobald er nicht mehr in dem abergläubischen,  dogmatischen, unphilosophischen Kirchengeiste betrachtet wird, zu dem großartigen Bilde empor von einem, der aus einem irdischen einen göttlichen Menschen macht; der demselben durch den langen Cyklus des Mahâkalpa das Gesetz des Geistes des Lebens giebt und ihn befreit von der Sünde der Unwissenheit, somit vom Tode.

Was in Widerspruch steht zu der gnostischen Auffassung, so wie ich sie verstehe. „Satan“ ist zwar der Schöpfer des Menschen, aber die Idee des Menschen kommt aus dem göttlichen Reich. Um den Menschen jedoch an sich zu binden bedient er sich gerade der List des Todes, sodass der Mensch im Laufe seines Lebens von den Lüsten verführt wird in das Schicksal und seine wahre Abstammung nicht erkennt.

Fazit – Wer sind nun die Archonten?

Es ist schwer zu sagen, wie die Archonten wirklich ausschauen, da selbst die gnostischen Schriften sich widersprechen. In der Pistis Sophia wird von Planeten als Manifestation gesprochen (wobei man hier auch eine Wechselwirkung mit der griechischen Kultur annehmen kann), in den Nag Hammadi Texten wird eher von Wesen mit Tierköpfen gesprochen. In der heutigen gut dokumentierten Welt ist keines dieser Wesen gesichtet worden, daher müssen wir, wenn wir die Theorie nicht völlig verwerfen möchten, von psychischen Instanzen ausgehen. Die Archonten haben demnach Einfluss auf unseren Geist, sind ihm aber letztlich unterlegen, da wir sowohl die Weisheit (Sophia) als auch den göttlichen Funken in uns haben. Verwirrend ist es jedoch, dass an einer Stelle geschrieben wird, dass die Archonten sich als Paargenossen tarnen können, um uns zu verführen. Jedoch ist auch hier eher von einer geistigen Manipulation auszugehen.

Ich persönlich lese die Archonten als Metapher für negative psychische Kräfte, welche der Mensch im Laufe seiner Individuation überwinden muss. Ihre Kräfte werden beschrieben als  Lust, Begierde, Trauer und Furcht. Diese zu überwinden dürfte auch einem Menschen ohne spirituelle Neigung ein Anliegen sein. In diesem Sinne sehe ich diese Kräfte als Stachel der Evolution, welcher uns zur Weisheit führt. Der schöpferische Gott, welcher unseren Geist mittels trügerischer Erscheinungen blendet, wird in der Religion zwiespältig behandelt. In den östlichen Religionen gelten die Illusionen als etwas, was es zu überwinden gilt und werden dahin erklärt, daß sie in dem illusorischen Begriffsvermögen der egoistischen, persönlichen und menschlichen Seele (niedereres fünftes Prinzip) entstehen. Insofern könnte man die Archonten auch als Trugbild der menschlichen Seele sehen, weil sie uns mit negativen Illusionen speisen. Ich denke, dass der Weg zur Weisheit in der Befreiung von diesen Illusionen liegt und daher stellen für mich die Archonten auch keine externe bedrohliche Kraft dar, sondern eine Herausforderung auf dem Weg zur Ganzheit.

Literaturtipps zum Thema

Die Hyposthase der Archtonen – ziemlich teuer, daher vor allem für tiefgründig interessierte – aus dem koptischen Museum in Kairo.

Der verratene Himmel – ein unterhaltsamer, aber unsauber recherchierter Beitrag.

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