Das Schlagwort „Lügenpresse“ geistert nun schon einige Zeit durch die deutsche Medienlandschaft. Es ist ein undifferenzierter Vorwurf an die journalistische Landschaft, der ernst genommen werden muss. In Zeiten von Fake-News werden Fakten immer mehr durch Quantität erzeugt und weniger durch Qualität geprüft . Es ist also gerade heute wichtig ein unbestechliches gemeinsames Medium zu haben, welches Diskussionsgrundlagen schafft um so auch die demokratische Diskurskultur weiterhin am Leben zu erhalten. Diese Aufgabe haben eigentlich die öffentlich rechtlichen Medien, welche durch die Staatsfinanzierung unabhängig berichten sollen. Immer mehr Rezipienten haben jedoch den Eindruck, dass hier tendenziös berichtet wird, was sie in die Alternativmedien treibt und somit auch den Boden für Fake-News bereitet. Aber auch die Leitmedien wie der Spiegel werden von vielen als Meinungsmacher gesehen.
Umso spannender ist es sich diesen Vorwurf der tendenziösen Berichterstattung anhand von DataMining/DataScience anzusehen. Der Programmierer David Kriesel hat über Jahre die Spiegel Online Artikel gespeichert und nun visuell ausgewertet. Aus den Daten kann man viele Erkenntnisse gewinnen, angefangen von der Tendenz, dass lange Artikel vorwiegend früh morgens veröffentlicht werden bishin zu Gewichtungen anhand von Themenbereichen. Im Zusammenhang der „Lügenpresse“ ist besonders spannend zu sehen, welche Artikel kommentierbar sind, wo also alternative und kontroverse Darstellungen geduldet werden und wo dies unterbunden wird. Hier ist laut David Kriesel tatsächlich zu sehen, dass bei Themen wie Justiz, Flüchtlinge, Terror Paris und NSU Prozessen die Kommentarfunktion sehr häufig abgeschlatet wird. Andere Themen wie beispielsweise der Ukraine Konflikt werden hingegen freigeschaltet. Das kann verschiedene Ursachen haben und es ist nicht gesagt, dass hier tatsächlich manipuliert werden soll. Wahrscheinlich ist, dass Themen die rechtsradikale Meinungen provozieren hier aus Gründen der Rechtsprechung und des moderativen Aufwands eher unterbunden werden.
Wie auch immer man zu den Daten steht, es bleibt eine der Herausforderungen unserer aktuellen Zeit das Vertrauen in die Medien wiederzugewinnen und möglichst plural zu berichten. Dass man die Medien in Frage stellen darf und dass David Kriesel seine Auswertung auch dem Spiegel vorstellen durfte ist jedoch ein klares Zeichen, dass hier keine „Agenda“ Seitens des Spiegels befolgt wird. Der Spiegel selbst hat den Vortrag in seinen Tagestipps aufgenommen, was Zeichen einer gesunden Meinungsvielfalt ist.
[hr]
Weiterführende Links – Original Artikel zum Spiegel Mining von David Kriesel
Hat der Spiegel (print oder online) selber irgendwo darüber berichtet?
Unter Suchbegriffen wie „David Kriesel“, „Spiegelmining“, „mining“ oder „33c3“ finde ich bei Spiegel online zumindest nichts…
Es ist etwas schwer zu finden, aber er wurde tatsächlich unter „Tipps der Redaktion“ in einem Slider (das sechste Bild) erwähnt:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/33c3-in-hamburg-diese-vortraege-lohnen-sich-auch-wenn-sie-kein-hacker-sind-a-1128018.html
…immerhin.
Aber was nützt eine Onlineveröffentlichung, wenn sie bei denen selber nicht mal in den Spiegel-eigenen Index aufgenommen werden?
Immerhin: per guugl-Suche „site:spiegel.de Kriesel“ oder „site:spiegel.de spiegelmining“ geht es.