Spiral Dynamics Rot Welle 3

egozentrisch-ausbeuterische Gewaltgötter


spiral dynamics zeitstrahl
Spiral Dynamics Zeitstrahl

Zeitgeschichtliche Einordnung:

seit ca. 7.000 v. Chr (Grafik rechts)

Individuelle Einordnung:

Ab ca. 15 Monate (Erkennen des Selbst im Spiegel, Trotzen, egozentrisches Verhalten, Allmachtsphantasien)

Primäre Angst:

Vom anderen Ausgebeutet zu werden, Angst zu unterliegen, Alles wird als Kampf um Macht und Ohnmacht gedeutet, Angst vor Gesichtsverlust

Beschreibung:

Die Menschen auf der roten Entwicklungsstufe sind die Gebote und Tabus des Stammeslebens satt, weil sie ihnen nicht mehr einleuchten. Sie ziehen die Geister und die höhere Ordnung in Zweifel und reißen der bisher scheinbar geordneten Welt ihre Maske ab. Sie erkennen den Narzissmus und die Ungerechtigkeit der Welt und treten den Kampf um die Macht an. Besonders charakteristisch für das rote Mem ist das Leben von Alexander dem Großen. Dieser wuchs in einer bizarren Welt der Götter des Olymp auf, von der seine Mutter in typisch purpurner Weise besessen war. Sie flüsterte ihm sogar zu, dass nicht sein Vater ihn gezeugt habe, sondern Zeus persönlich. Er wurde unter anderem bei Aristoteles ausgebildet und empfand die Intrigen und Enge seiner Heimat als erdrückend. Er verehrte den Kriegsgott Achill und setzte sich mit ihm gleich. Er wähnte sich in seinem narzisstischen Größenwahn als unbesiegbar und schuf so einen Mythos. Er eroberte in einem epischen Kriegszug ein Weltreich. Kennzeichnend für ihn war eine unstillbare Begierde, genannt „Pothos“. Es beschreibt den Versuch nie gewagtes zu wagen – ganz Asien hätte er am liebsten erobert. Selbst nach zahlreichen Schlachten und einem wundersamen Sieg gegen das persische Reich drängte er weiter bis nach Indien. Immer wieder war er von Misstrauen geplagt, selbst enge Vertraute ließ er hinrichten. Die eroberten Gebiete zu stabilisieren oder zu verwalten war nicht sein Anliegen. Als ihn seine Armee und seine Berater zu einer Rückkehr drängten erlag er einer Krankheit und verstarb mit 32 Jahren.

Im roten Mem bricht sich die Impulsivität Bahn und das Ego kommt voll zur Geltung. Ein überzogenes Selbstbild wird ausgeprägt, welches nötig ist um sich von den Sippenintrojekten und stickigen Rollenzuordnungen zu lösen. Die egoistische Vitalität führt gleichzeitig zu einer Eroberungs- und Lebensfreude, welche direkt und triebhaft ist. Das Heilige der Stämme muss niedergerungen werden um als Individuum Luft zum atmen zu haben. Götter werden zu Kriegshelden umgestaltet, idealisiert und zur Legitimation der Barbarei verwendet. Gnadenlose Hierarchie ohne Schuldgefühle wird zelebriert. Das schlimmste was jemanden auf der roten Stufe passieren kann ist Gesichtsverlust, so werden Duelle oftmals bis in den Tod gesteigert, zu finden auch beim Harakiri der Samurai. Dominanz, Ehre, Eroberung und Selbstbehauptung haben oberste Priorität. Die Freuden des Ego’s werden bis aufs äußerste ausgekostet. Die erste Ich-Werdung hat auch positive Seiten wie Leidenschaft, Vitalität, Gestaltungskraft und unmittelbarkeit in persönlichen Beziehungen.

Das rote Mem aus psychologischer Sicht

Ab ca. 15 Monaten (bis zu 24 Monaten) beginnt das Kind sein eigenes Spiegelbild zu erkennen. Kurz darauf setzen dann auch die ersten Trotz-Phasen ein, in welchen sich das Kind ausprobiert. Die magische Weltsicht wird schrittweise ersetzt durch das egozentrische „Ich will“. So lernt das Kind das nötige Durchsetzungsvermögen, aber auch seine Grenzen kennen. Nietzsche beschrieb die Individuation mit den Worten, dass der Mensch erst zum Kamel, dann zum Löwen und schließlich zum Kinde werden müsse. Die Stufe des Löwen sei nötig, um der Welt das große „Nein“ entgegenzusetzen und die Schlinge der Erwartungen abzuschlagen. Das trifft die psychologische Bedeutung des roten Mems ganz gut, auf dessen Vitalität wir Zeit unseres Lebens immer wieder zurückgreifen müssen um nicht von den Erwartungen der Umwelt verzehrt zu werden. Zugleich ist eine Dominanz des roten Mems auch ein sehr fragiler und unglücklicher Zustand, da die allmachtsphantasien des narzisstischen Größenselbst nicht dauerhaft auf die Realität übertragbar sind. So kommt es bei roter Dominanz zu einem Machtstreben, bei der im besten Fall vergleichsweise kurze Perioden der Superiorität das ganze Leben frustrierend bestimmen.

Heutige Ausprägungen des roten Mems

Die roten Meme findet man vor allem in Entwicklungsländern und Krisengebieten. Geschätzt 20% der heutigen Bevölkerung soll nach Don Beck ihren Schwerpunkt auf dem roten Mem haben. Typische rote Organisationen sind die Mafia und Drogenkartelle. Anders als zu der Blütezeit des roten Mems (zu Zeiten Alexanders des Großen) kommt dem jedoch heute nur noch 5% Macht zu. Eine klassische Ausprägung waren damals die Feudalreiche. Heutzutage findet man das rote Mem eher in repressiven Militärdiktaturen in Entwicklungsländern (aber auch moderne Militärdiktaturen, wie beispielsweise die Militärdiktaturen in dern 1960er Jahren in Lateinamerika, z.B in Argentinien und Chile). Auch in Krisengebieten kommt es oft zu einer Regression, so findet der IS -entstanden aus der Barbarei des Krieges- beispielsweise seine Legitimation in der Reduzierung von Allah zu einem unerbittlichen Kriegsgott. Die unmittelbare Erfahrung dieser traumatisierenden Umwelt lässt die purpurne Geborgenheit und Ordnung als Illusion erscheinen. Das mythische ist aber ein starker Taktgeber und wird zur Legitimation der Barbarei umgestaltet. Der Dschihad ist die wohl populärste Ausprägung des roten Mems, welches den Eindruck hat, sich gegen omnipräsenten Egoismus mit gleichen Mitteln zur Wehr setzen zu müssen um nicht zu unterliegen. Auch die Nazi-Ära ist durch das rote Mem geprägt mit ihrem Aufruf zum „totalen Krieg“. Zuvor hatte sich das Deutsche Reich durch die alleinige Kriegsschuld des versailler Vertrages zum Abschluss des ersten Weltkrieges nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem auch in seiner Identität betrogen gefühlt. Identitätsverlust, eine angenommene oder reale Bedrohung der eigenen Identität aktiviert auch heute noch das rote Mem. Die existenzielle Krise der deutschen Kriegsschuld zusammen mit anderen Faktoren führte zu großen Teilen zu einer Regression in purpurne Muster (Nazi-Esoterik, irrationale Rassenlehre mit idealisierung der eigenen Sippe, Suche nach irrationaler Geborgenheit und Identität) und zu einem aufkeimen des roten Mems als Leidenschafts- und Vitalitätsausbruch zur Wiederherstellung der Ehre. Dies führte zum irrationalen Wahn bis in den Tod und man war nicht fähig sich die am Ende klare Niederlage einzugestehen (Angst vor Gesichtsverlust). Auch viele Militärs in den führenden Nationen, insbesondere welche eigene Kriegserfahrungen haben, denken in den Kategorien von Macht und Ohnmacht. Traumatisierungen bzw. der Kontakt mit etwas bösen, was sich nicht in das bisherige Weltbild integrieren lässt, wie sie insbesondere im Krieg erlebt werden, ziehen die Betroffenen oftmals stark in den Bann einer roten Interpretation des Weltgeschehens.

Auslöser für Weiterentwicklung

Die Phasen des Triumphes werden immer kürzer, das Heldentum bietet nur für wenige einen Platz an der Sonne und ist voller Intrigen und Misstrauen, das Gottesbild verändert sich, Sehnsucht nach Ordnung und Barmherzigkeit für jedermann, die Armen und Benachteiligten schließen sich zusammen

Gottesbild:

Machtgötter, Kriegsgott („Jahwe“), Achill, Drachen, Rassenlehre mit von Natur aus Über- und Unterlegenen

Perspektive:

Erste Person


DIE SPIRALE DER ENTWICKLUNG NACH DON BECK
Stufe/
Welle
Farbcode
verdichtete Bezeichnung
Denkweise
Kulturelle Auswirkungen und persönliche Sichtweisen
3
Rot
Machtgötter
Egozentrisch
Befriedigung, Ruhm, Eroberung, Aktion, Impulsiv, Leben im Hier und Jetzt

Stufe nach Clare Graves: C-P

Lernsystem: operante Konditionierung

Denken: Egozentrisch

Motivationssystem: Überleben

spezifische Motivation: psychologisches Überleben

Tragwerte: Ausbeutung

Zielwerte: Macht

Natur der Existenz: Egozentrisch

Problematik der Existenz: Leben mit Selbstbewusstsein


Zuordnungen

Generelle Entsprechungen: Rep-Geist – Endozept, Begriff

Hauptselbstlinie: frontal (oder Ich)

mythologischen Stufen bei Neumann: Trennung der Welteltern, Drachenkampf, Geburt des Helden, Töten der Mutter

psychologische Stufe bei Neumann: bewußt/unbewußt, Überwindung der Instinkte, Erscheinen des Ich, Differenzierung der Anima

Scheler (strukturelle Hardware): assoziatives Gedächtnis

Rudolf Steiner: Empfindungsseele

Symbolische Verdichtung (Matthias Thiele – Tarot):


Filme zur Veranschaulichung:

Die Serie „Game of Thrones“ verdeutlicht sehr eindringlich die Intrigen und Machtkämpfe des roten Mems. Nichts ist von Dauer, alles dreht sich um Gesichtsverlust, Eroberung und Macht. Werte und Moral sind nicht vorhanden und man kann niemandem trauen. Die Götter sind jenen gnädig, welche die Macht durch sie erringen und werden ausgewechselt, wenn sie eine Niederlage bescherten.


Literatur zur Veranschaulichung:

Hitler – eine Biographie (Joachim Fest) eine sehr gute differenzierte Biographie über Hitler, welche auch detailliert die Umstände und das zeitgeschehen illustriert

Die Welt als Wille und Vorstellung (Schopenhauer) für philosophisch gesinnte Leser. Schopenhauer reduziert das Treiben der Welt auf einen blinden irrationalen Willen. Aufbauend auf die Kant’sche Tradition erklärt Schopenhauer den Willen als das „An-Sich“ (abgeleitet vom Ding an sich bei Kant). Im Gegensatz zu Schelling, Fichte und Hegel sieht Schopenhauer diesen Willen jedoch nicht als zielgerichtet an, sondern als blindes egoistisches Treiben – Fressen und gefressen werden wird somit zur Grundkategorie des menschlichen Daseins, aus dem es letztlich kein Entrinnen gibt. Obwohl man Anmerken muss, dass Schopenhauer in seiner Philosophie insgesamt weit über rot hinausgeht, ist dieser zentrale Aspekt ein typisch roter Ansatz.

 

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