Nahrungsmittelengpass im Herbst 2021 ? Oder : Das Event 201 der Agrarindustrie

Während bei der Coronapandemie das Event 201 die Blaupause dafür war, wie die Politik auf dieses Szenario reagiert, steht uns möglicherweise eine disruptive Krise in der Landwirtschaft noch bevor. Das Event 201 der Landwirtschaft heisst „Food Chain Reaction“ und beschreibt Ereignisse, die das Leben aller Menschen nachhaltig verändern würden.

Das Planspiel „Food Chain Reaction“

Auf der Webseite von Cargill – einer Beratungsfirma im Nahrungsmittelsektor – wird das Planspiel „Food Chain Reaction“ beschrieben, welches einen Nahrungsmittelengpass im Herbst 2020 simuliert [1]. Auf der Webseite wird das Planspiel so umschrieben :

Am 9 und 10 November 2015 versammelten sich 65 internationale Politiker, Akademiker, Geschäftsleute und Vordenker in der Zentrale des World Wildlife Fund in Washington DC, um durchzuspielen, wie die Welt auf eine zukünftige Nahrungsmittelkrise reagieren würde.

Die Simulation, welche den Beteiligten als Spiel vermittelt wurde, führte die Spieler vom Jahr 2020 bis 2030. Wie prognostiziert, brachte das Jahrzehnt zwei große Nahrungsmittelkrisen mit Preisen, die sich 400 Prozent des langjährigen Durchschnitts annäherten, eine Reihe von klimabedingten Extremwetterereignissen, den Sturz von Regierungen in Pakistan und der Ukraine sowie Hungersnöte und Flüchtlingskrisen in Bangladesch, Myanmar, Tschad und Sudan.

Zwei Tage lang erarbeiteten die Akteure – aufgeteilt in Teams für Afrika, Brasilien, China, die EU, Indien, die USA, internationale Unternehmen und Investoren sowie multilaterale Institutionen – ihre politischen Antworten, während die Delegationen intensive Verhandlungen führten.

Die Zusammenarbeit siegte meist über den kurzfristigen individuellen Vorteil. Die Teams verpflichteten sich, gemeinsam internationale Informationsnetzwerke und Frühwarnsysteme über Hunger und Ernten aufzubauen, gemeinsam in intelligente Agrartechnologie zu investieren und globale Nahrungsmittelvorräte als Puffer gegen Klimaschocks anzulegen.

Das heisst konkret, dass nationale Nahrungsmittelsicherheit oder Nahrungsmittelautarkie keine Rolle in den Planungen spielten, vielmehr wurde das Gewicht auf Stärkung der Resilienz internationaler Lieferketten gelegt.

Angesichts eines steilen Preisanstiegs mit drohender globaler Nahrungsmittelknappheit im Jahr 2022 setzte die EU mit einem Mal ihre Umweltvorschriften für die Landwirtschaft aus und führte eine Steuer auf Fleisch ein. Beide Maßnahmen wurden im Jahr 2025 schnell wieder rückgängig gemacht, da sich die Ernten wieder normalisierten und die Spannungen im hypothetischen Universum abnahmen.

Das auffälligste Ergebnis war jedoch eine Vereinbarung zwischen den USA, der EU, Indien und China, die für die 20 größten Treibhausgasemittenten stehen, eine globale Kohlenstoffsteuer einzuführen und die CO2-Emissionen im Jahr 2030 zu begrenzen.

Eine Kohlenstoff- & Fleischsteuer, so wahrscheinlich die Überlegung, führe u.a. zu einer Umverteilung des Marktes hin zu ertragreicheren und umweltschonenderen pflanzlichen Anbaualternativen.

Fassen wir bis hierhin zusammen – es sind also Nahrungsmittelkrisen zu erwarten und diese müssen auf transnationaler Ebene gelöst und zentral koordiniert werden. Selbstständige Versorgung einzelner Staaten wird dabei nicht angestrebt. Doch das Szenario wird für weit mehr genutzt, unter dem Schirm des European Green Deal wird eine Transformation der Landwirtschaft ausgelöst, die zunächst verlockend klingt, aber im Kleingedruckten einige Tücken verbirgt. In den USA beschreibt das Papier „Reset the Table“ der Rockefeller Foundation, welches im gleichen Geist geschrieben ist, die möglichen Auswirkungen.

Reset the Table der Rockefeller Foundation

Die Rockefeller Foundation hat ebenfalls ein Programm entwickelt um die Nahrungsmittelsicherheit für die US-amerikanische Bevölkerung zu garantieren [2]. Sie wollen dabei die Gelegenheit, welche die Covid-19-Pandemie bietet nutzen um das Ernährungssystem zu transformieren. Die Rockefellder Foundation beschreibt ihr Programm folgendermaßen :

Amerika steht vor einer Hunger- und Ernährungskrise, wie sie das Land seit Generationen nicht mehr erlebt hat. Heute fehlt 14 Millionen Kindern regelmäßig eine Mahlzeit – eine Statistik, die fünfmal schlimmer ist als vor der Covid-19-Pandemie. Noch schlimmer ist es für lateinamerikanische und schwarze Familien, bei denen die Rate der unsicheren Ernährung auf 25 % bzw. 30 % angestiegen ist.

In vielerlei Hinsicht hat Covid-19 lange schwelende Probleme, die Amerikas Lebensmittelsystem plagen, zum Überkochen gebracht. Was als öffentliche Gesundheitskrise begann, führte zu einer Wirtschaftskrise, die dazu führte, dass sich 33 Prozent der Familien weder die Menge noch die Qualität der Lebensmittel leisten können, die sie benötigen. Die Schließung von Schulen brachte 30 Millionen Schüler in Gefahr, die Mahlzeiten zu verlieren, die sie zum Lernen und Gedeihen brauchen.

Die Rockefeller Foundation beschreibt im folgenden drei notwendige große Veränderungen

WANDEL #1
Verbessertes System zur Ernährungssicherung

Sofortige Maßnahmen, die wir ergreifen müssen:
1. Stärkung von Ernährungsprogrammen, um die Ernährung von Kindern und Familien sicherzustellen.
2. Investition öffentlicher und privater Mittel in Schulspeisungsprogramme als Anker der Gemeinschaftsverpflegung.
3. Erweitern des Programms „Food is Medicine“, welches gesunde Ernährung zum Behandeln von Krankheiten – vor allem ernährungsbedingten Krankheiten – einsetzt.

WANDEL #2
Wiederbelebte regionale Systeme

Sofortige Maßnahmen, die wir ergreifen müssen:
1. Sicherstellen, dass Hilfs- und Konjunkturmaßnahmen die Widerstandsfähigkeit von Lieferketten verbessern und lokale Systeme stärken.
2. Lenken der Kaufkraft der großen Institutionen entlang einer wertebasierten (gerechten, ethischen, nachhaltigen) Lieferkette.

WANDEL #3
Gerechter Wohlstand in der gesamten Lieferkette

Unmittelbare Maßnahmen, die wir ergreifen müssen:
1. Die OSHA muss verbindliche Richtlinien festlegen und durchsetzen, um die Sicherheit der Arbeiter und der Lebensmittelversorgung zu gewährleisten.
2. Bereitstellung von Krediten, Kreditbedienung und Schuldenerlass für Landwirte und Viehzüchter.
3. Den Wohlstand von Landwirten, Viehzüchtern und Fischern durch eine gerechtere Verteilung von Risiko und Gewinn erhöhen.

Mögliche Auswirkungen des Reset the Table Programms

Ein Ziel der Kampagne ist das Verschmelzen der Felder Medizin & Ernährung. So wird beispielsweise die hohe Anzahl der Covid-Tode mit der hohen Anzahl an adipösen Menschen in den USA in Verbindung gebracht. Einige befürchten, dass dieser Ansatz – ähnlich wie auch in der aktuellen Coronapolitik – zu einer „Tyrannei der Ernährung“ werden könnte, in welcher man nicht mehr frei wählen kann, was man zu sich nimmt.

Die Transformation soll gesündere & reichhaltigere Nahrungsmittel erzeugen, auf chemische Zusätze, welche den Boden auslaugen verzichten und die übermäßige Nutzung von Wasser verringern. All dies sind reale Probleme, doch skeptische Beobachter fragen sich, warum gerade die Rockefeller Foundation nun – entgegen ihres langjährigen Vorgehens – dafür eintreten soll und ob es klug ist diesen transnationalen Organisationen diese Handlungsvollmacht zu geben. Hier kommt es allerdings schon zum nächsten Problem, denn ein Diskurs über diese Agenden findet im öffenltichen Raum nicht statt. Es sind quasi postdemokratische Entwicklungen, auf die weder die Bürgerschaft noch einzelne Staaten Einfluss nehmen können.

Es gibt eine weitere Entwicklung, die diese Verschmelzung von Ernährung & Medizin möglicherweise in den Blick nimmt : Unter dem Begriff „Pharming“ [3] wird der Ansatz verstanden mittels gentechnisch veränderter Pflanzen oder Tiere pharmazeutische Arzneimittel zu gewinnen. So wurden bereits Tomaten gentechnisch so manipuliert, dass sie Corona-virus-ähnliche Partikel produzieren. Diese Tomanten könnten möglicherweise als Impfersatz eingesetzt werden [4]. Die gesunde Ernährung für Jedermann/-frau würde hier also sehr weit gefasst. Unter diesem Aspekt erscheint auch das im Papier erwähnte „Recht auf Nahrung“, sowie die Versorgung mit Nahrungsmitteln in Schulen sehr fragwürdig. Es ist natürlich spekulativ, ob solche Pharming Produkte hier mitgemeint sein könnten – erwähnt wird davon nichts direkt.

Die häufige Erwähnung von Notfallsituationen in dem Papier soll eine stärkere Überwachung der Nahrungsmittelerzeugung rechtfertigen um darauf adäquat zu reagieren. Die zentralisierte Überwachung ermöglicht auch eine entsprechende zentrale Kontrolle.

Zu guter letzt wird in dem Papier auch gefordert, dass verschiedene Akteure, wie zum Beispiel NGO’s diese Agenda unterstützen sollen und daraus eine Bewegung schaffen sollten.

Weitere Folgen könnten sein :

  • Kleinteilige Landwirtschaft wird ökonomisch und ökologisch abgehängt
  • Dadurch weniger Vielfalt von Produkten und Biodiversität
  • Im Hintergrund Interesse von Land Grabbing (Landraub) von einflussreichen Konzernen
  • Im Zuge von Freihandel weiter verstärkte Internationalisierung
  • Dadurch kaum kontrollierbare soziale Rahmenbedingungen
  • Ökologische Kontrolle wird erschwert
  • Qualitätskontrolle und Ernährungssicherheit werden erschwert

 

„Farm to Fork“ Strategie der EU

Ganz ähnlich wie das Rockefeller Papier „Reset the Table“ wird in der EU ein Programm namens „Farm to Fork“ [5] lanciert mit einem Zeitplan bis 2030. Auch die IPCC hat das Thema Klimawandel und Landnutzung bereit vor Jahren in den Fokus genommen [6] und dazu ein Strategiepapier entwickelt, in dessen Geist dann wiederum die vormals erwähnten Programme entwickelt wurden.

 

Quellen

[1] https://www.cargill.com/story/food-chain-reaction-simulation-ends-with-global-carbon-tax

[2] https://www.rockefellerfoundation.org/report/reset-the-table-meeting-the-moment-to-transform-the-u-s-food-system/

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Pharming_(Biotechnologie)

[4] https://allianceforscience.cornell.edu/blog/2020/05/gmo-tomato-as-edible-covid-vaccine-mexican-scientists-work-to-make-it-a-reality/

[5] https://ec.europa.eu/food/farm2fork_en

[6] https://www.ipcc.ch/srccl/

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