Solidarität für Joe Rogan! Ein Kommentar aus integraler Sicht

Dass seit kurzem ist ein Streit entbrannt ist zwischen Neil Young (Musiker) & Joe Rogan (Podcaster) hat man über diverse Medien erfahren. Dieser Streit ist in seiner Struktur nicht neu. In ihm sind memetische Logiken und Tabulinien enthalten, welche auch die integrale Debattenkultur ernsthaft gefährden.

Für diejenigen denen der Streit zwischen Joe Rogan und Neil Young auf Spotify neu ist eine kurze Zusammenfassung:

  • Beide veröffentlichen auf der Plattform Spotify.
  • Rogan hat in seinen Podcast Dr. Malone eingeladen, den Erfinder der mRNA Technologie. Dieser ist weder Impfgegner noch gegen die mRNA Technologie, sieht die aktuelle Praxis aber kritisch.
  • Neil Young sah diese im Podcast geäußerte Kritik als Desinformation und drohte damit seine Musik von der Plattform zu nehmen.
  • In der Folge wurde der mediale Druck auf Rogan größer und nun wurden 70 seiner Episoden gelöscht.
  • Wie häufig bei solchen Aktionen ist im Einzelfall unklar, warum die Episode gelöscht wurde. Spekuliert wird über die Verwendung politisch unkorrekter Wörter.
  • Rogan entschuldigte sich nach dem Entfernen via Instagram dafür, insbesondere wegen Verwendung des „n-wortes“ [1].

Wort und Context – eine regressive Debatte

An dieser Stelle möchte ich einmal bemerken, dass Joe Rogan dieses Wort nie in despektierlicher Weise benutzt hat, es war im Context seiner Konversation immer klar, wie es zu verstehen ist – nämlich nicht rassistisch. Wer ihn kennt dem ist klar, dass Joe Rogan keinem rassistischen Weltbild anhängt. Dennoch ist dieses Wort zu einem absoluten Tabu geworden, welches auch durch den Context nicht mehr abgemildert werden kann, so scheint es. Slavoj Zizek zeigt in seinen Analysen immer wieder auf, dass man die Sprache nicht auf ihre rein formale Ebene begreifen kann ohne sie wesentlicher Botschaften zu berauben. So kann es beispielsweise ein Ausdruck einer besonders engen Beziehung sein, wenn zwei Personen sich erlauben einander zu beleidigen [2]. Über die Irrsinnigkeit die Sprache auf diese Weise zu regeln und Personen dadurch zu canceln ist schon viel geschrieben worden, daher sei es hier nur am Rande erwähnt. Wer sich näher dafür interessiert dem sei „Erwachsenensprache“ von Robert Pfaller ans Herz gelegt [3]. Doch war dies nicht der Knackpunkt des Streits zwischen Neil Young & Joe Rogan, es kam nur im Verlauf dieses Streits zu eben jenen Anschuldigen, welche aus seiner Vergangenheit herausgekramt wurden.

Warum die Dichotomie Freiheit vs. Verantwortung zu kurz gedacht ist

Der Stein des Anstoßes war wie gesagt der Vorwurf, Desinformation bezüglich der aktuellen politisch-medizinischen Krise zu verbreiten. Joe Rogan schätze ich sehr für seine Art über die Dinge zu sprechen. Er bringt kluge einwände, ist vielseitig offen und interessiert und schafft es die Themen so zu erden, dass sie spannend sind. Er bringt sie außerdem in einen Context und setzt querbezüge. Ich erinnere mich, dass vor ca. zwei Jahren Joe Rogan in einer der größten integralen Chats (integral global) als Durchbruch in eine integrale Medienlandschaft gefeiert wurde. Natürlich wie immer kontrovers diskutiert, zeigt es aber m.M.n., dass wir in der aktuellen Debatte über Zensur von einer massiven Regression bedroht sind, die immer wieder auch Akademiker und/oder im integralen Sinne gut entwickelte Persönlichkeiten betrifft. Im Kern geht es in der Debatte um die Argumentation Freiheit vs Verantwortung, letzteres ist auch ein zentrales Argument für den sogenannten Haltungsjournalismus. Das Argument lautet, dass vermeintliche Außenseiterpositionen, welche gegen den breiten Context der Wissenschaftler verstoßen, nicht übermäßig repräsentiert und sichtbar gemacht werden sollen. Geschieht dies so spricht man von einer „False-Balance“. Im Falle der medizinisch-politischen Debatte wurden jedoch von Anfang an und konzertiert kritische Meinungen diskreditiert und ein Debattenklima der Angst geschaffen, in welchen kritische Stimmen mit erheblichen Repressionen rechnen mussten. Hier ist also nicht mehr auszumachen, wie weit der Konsens überhaupt reicht. Zum anderen kann es auch Zeichen von Verantwortung sein, gerade kritische Außenseitermeinungen zu Wort kommen zu lassen, um GroupThink aufzulockern. Wäre das Gebot der „False-Balance“ in der Geschichte immer beachtet worden, so wären wir vermutlich immer noch beim Weltbild der flachen Erde. Insbesondere in der aktuellen Lage, die so viele Unklarheiten mit sich bringt und in der potenziell so viel Schaden entstehen kann, sollte ein breites Prisma an Meinungen eingeholt und der Rezipient als mündig erachtet werden. Zudem gilt die „False-Balance“, welche ja im wesentlichen einen Contextbezug einfordert, nicht für Joe Rogan : Auch diesem muss man in der Gesamtheit seiner Podcasts und Äußerungen sehen und nicht auf eine Episode oder eine Äußerung reduzieren.

Fazit

Der Ruf nach Zensur von Misinformation ist kein Filter für prärationale Ansichten, sondern ein mediokratisches Instrument der Meinungssteuerung, welche wissenschaftliche Erkenntnisse häufig einseitig und verzerrt wiedergibt. Joe Rogan ist das jüngste Opfer einer Kultur, welche oft mit „woke“ umschrieben wird. Die Struktur dieser Methode, als auch der political correctness ist an vielen Stellen durch das konkret-operationale Stadium der Kognition geprägt, d.h. hier geht es um konkrete vom context losgelöste „Fakten“, welche in Bezug auf eine primäre Referenzgruppe und Perspektive als wahr oder falsch bewertet werden. Wenn „mean blue“ sich derart in dem Codex der Medien verankert wie es nun immer offensichtlicher geschieht, dann droht auch der integrale Debattenraum zu verschwinden. Es heisst die Freiheit stirbt immer scheibchenweise. Neben dem investigativen Journalismus (Assange) soll nun auch der Pluralismus (Rogan und viele mehr) aus der Medienlandschaft gedrängt werden. Die Begründungen für dieses Vorgehen sind oft nichtmal mehr durch wissenschaftliche Argumentation geprägt. Die integrale Debattenkultur lebt gerade von der Synthese der Perspektiven, dem Austausch über Kultur- und Milieugrenzen hinweg und der Anerkennung des Individuums. Lassen wir uns nicht blenden, von dem was gerade geschieht – es ist eine Regression, gegen die sich die integrale Szene klar aussprechen muss. Daher fordere ich : Solidarität für Joe Rogan!


Quellen

[1] https://www.rollingstone.com/culture/culture-news/spotify-removes-joe-rogan-experience-podcast-episodes-1295727/

[2] https://www.youtube.com/watch?v=Og6VI3WXtp0

[3] https://amzn.to/3L6wUe2 *

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