Bundestag : Überwiegende Mehrheit der Juristen hält epidemische Lage für verfassungswidrig

In einem Gesundheitsausschuss wurde am 9.9.2020 unter Ausschluss der Öffentlichkeit darüber getagt, ob die epidemische Lage von nationaler Tragweite noch angemessen ist.

Auf Antrag der FDP wurde am vergangenen Mittwoch unter Einbeziehung von Experten darüber beraten, ob die gegenwärtige sogenannte epidemische Lage von nationaler Tragweite noch fortbesteht. Christian Lindner forderte in seinem Antrag

„Der Bundestag wolle beschließen: Die Voraussetzungen für die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite im Sinne des § 5 Abs. 1 IfSG liegen nicht mehr vor. Die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 25. März 2020 wird aufgehoben. “ [1]

Der Ausschuss hörte unter anderem die Bundesärztekammer, die Gesellschaft für Virologie, die deutsche Krankengesellschaft und den Rechtsexperten Prof. Dr. Thorsten Kingreen an. Letzterer sprach im Namen der „überwiegenden Mehrheit im rechtlichen Schrifttum“.

Auf dem Bericht des Bundestages [2] heisst es

„Der Rechtsexperte Prof. Dr. Thorsten Kingreen von der Universität Regensburg räumte ein, die zuletzt wieder steigenden Fallzahlen seien besorgniserregend, gleichwohl könne von einer systemischen Gefahr nicht mehr gesprochen werden. Die Feststellung der epidemischen Notlage löse zudem ein verfassungsrechtlich hochgradig problematisches Ausnahmerecht aus. Die Ermächtigung des BMG, in Rechtsverordnungen Ausnahmen und Abweichungen von nicht näher eingegrenzten Parlamentsgesetzen vorzusehen, sei verfassungswidrig, erklärte Kingreen.“

Der Jurist sieht also aktuell ein großes Problem der demokratischen Legitimation, denn die aktuelle Lage lässt im Unklaren, welche Rechtsordnung aktuell gültig ist – die Verfassung oder das Infektionsschutzgesetz. Beides ist nicht miteinander vereinbar.

Die Bundesärztekammer, die Gesellschaft für Virologie und die deutsche Krankengesellschaft  sprachen sich allerdings für eine Verlängerung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite aus.

 

[1] https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/200/1920046.pdf

[2] https://www.bundestag.de/gesundheit#url=L2Rva3VtZW50ZS90ZXh0YXJjaGl2LzIwMjAva3czNy1wYS1nZXN1bmRoZWl0LWNvcm9uYS03MDk0NzQ=&mod=mod539878

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